Welche Kosten übernehmen Versicherungen in der Schweiz bei einem unerfülltem Kinderwunsch?

Übersicht zur Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen In der Schweiz durch die Grundversicherung, Zusatzversicherung und die Möglichkeit des Absetzens von der Steuer. Zusätzlich Kurzüberblick zur Situation in anderen europäischen Ländern

Einleitung

In der Schweiz übernehmen die Krankenkassen nur einen geringen Anteil der Kosten eines Kinderwunsches – generell muss hier zwischen einer Kostenübernahme durch die Grundversicherung und einer Kostenübernahme durch die Zusatzversicherung unterschieden werden. Ausserdem kann in manchen Fällen die Kinderwunschbehandlung von der Steuer abgesetzt werden.

Grundversicherung

Die folgenden Kosten werden normalerweise von der Grundversicherung übernommen:

  • Die Kosten für die diagnostische Abklärung der Ursachen eines unerfüllten Kinderwunsches, nach dem 40. Lebensjahr kann die Kostenübernahme allerdings verweigert werden
  • Eine Hormonbehandlung der Frau (bis zu einem Jahr lang, d.h. 6-12 Zyklen)
  • Die Kosten einer intrauterinen Insemination (IUI), allerdings nur drei Inseminationsversuche pro Schwangerschaft und nur wenn kein Samenspender benötigt wird (also nur eine sogenannte homologe Insemination), manche Kassen zahlen nur bis zum abgeschlossenen 40. Lebensjahr der Frau

Nicht von der Grundversicherung übernommen werden:

  • Die Behandlungskosten einer künstlichen Befruchtung durch IVF oder ICSI – diese liegen für die IVF-Behandlung zwischen CHF 4’000 bis CHF 9’000 pro Zyklus und bei einer IVF_Behandlung wegen des Mehraufwands sogar zwischen CHF 8’000 und CHF 10’000 pro Zyklus
  • Die Kosten einer Kryokonservation – diese liegen in der Schweiz zwischen CHF 200 und CHF 1’000 im Jahr

Zusatzversicherung

Es gibt zum aktuellen Zeitpunkt (November 2022) in der Schweiz nur eine Zusatzversicherung, die die Kosten einer Kinderwunschbehandlung mit IVF oder ICSI übernimmt – dies ist die Kinderwunsch Zusatzversicherung der Sanitas. Allerdings gibt es bei diesem Versicherungsprodukt eine signifikanten Wartefrist (24 Monate), während der noch keine Kosten der Kinderwunschbehandlung übernommen werden, und nur ein Teil der Kosten wird bis zu einem Maximum übernommen (z.B. 75% der Kosten bis max. CHF 12’000).

Einfaches Rechenbeispiel:

Angenommen eine Frau schliesst mit 25 Jahren die Kinderwunsch Zusatzversicherung mit der Sanitas ab und kündigt diese mit 35, dann bezahlt Sie auf Basis des Versicherungstarifs der Sanitas über Ihre Versicherungsdauer hinweg Prämien von ca. CHF 3’400 ein.

Unter der Annahme, dass sie sich während der Versicherungslaufzeit tatsächlich zweimal einer IVF Behandlung mit Kosten von jeweils CHF 6’000 unterzieht, trägt Sie noch 25% der Gesamtbehandlungskosten von CHF 12’000 selbst – also CHF 4’000 – und die Zusatzversicherung übernimmt CHF 8’000.

Insofern ergibt sich in diesem Beispiel durch die Versicherung eine Netto-Ersparnis von CHF 4’600 (= CHF 8’000 – CHF 3’400) gegenüber der selbst gezahlten Behandlung.

Allerdings ist hier wie bei jedem Versicherungsprodult Vorsicht geboten:

Wenn bereits bekannt ist, dass Probleme mit der Fruchtbarkeit vorliegen bzw. bereits eine IVF oder ICSI Behandlung geplant ist, wird der Versicherungsantrag mit hoher Wahrscheinlichkeit abgelehnt – es liegt in der Natur eines Versicherungsproduktes, dass zum Abschluss bereits bekannte Risiken nicht abgedeckt werden.

Ausserdem besteht wie eingangs erwähnt eine Wartefrist von 24 Monaten bis zum Beginn einer Behandlung, ansonsten werden die Kosten der Behandlung nicht übernommen – somit ist ein Abschluss dieses Versicherungsproduktes bereits ein paar Jahre vor dem Versuch der Realisierung des Kinderwunsches nötig, um nicht die Wahrscheinlichkeit einer Erfüllung des Kinderwunsches durch eine verzögerte Behandlung zu verringern.

Insofern kommt dieses Zusatzversicherungsprodukt primär für jüngere Frauen in Frage, die sich gegen einen unerfüllten Kinderwunsch absichern wollen, aber noch nicht wissen, ob Sie eine Kinderwunschbehandlung benötigen werden.

Absetzen von der Steuer

In einigen Kantonen lassen sich die Kosten für eine IVF oder ICSI-Behandlung sowie die Kosten für die Kryokonservierung als Krankheitskosten von der Steuer absetzen – beispielsweise gibt es Entscheide der Kantone Basel-Land, Basel-Stadt und St. Gallen, dass die Kosten der IVF Behandlung in steuerlicher Hinsicht als Krankheitskosten gelten und dementsprechend vom zu versteuernden Einkommen abziehbar sind – allgemein gibt es die Einschätzung, das

Da die Absetzbarkeit der Kinderwunschbehandlung nicht einheitlich über die Kantone hinweg geregelt ist, macht es Sinn, sich im Vorhinein eine Auskunft von der kantonalen Steuerbehörde hierzu einzuholen.

Durch das Absetzen vom Einkommen kann zumindest die Steuerlast im Jahr der Kinderwunschbehandlung reduziert werden.

Situation in anderen europäischen Ländern

Andere Europäische Länder sind grosszügiger bezüglich der Kostenübernahme bei einer Kinderwunschbehandlung als die Schweiz – hier soll dazu lediglich für Interessierter ein kurzer Überblick gegeben werden.

Deutschland

Gesetzlich versicherte in Deutschland haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass sich ihre Krankenkasse an der Kinderwunschbehandlung beteiligt. Hierfür muss lediglich vor Behandlungsbeginn der Krankenkasse ein Behandlungsplan vorgelegt werden, der die geplante Behandlung und die anfallenden Kosten beinhaltet.

Im Allgemeinen übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung 50% der Behandlungs- und Medikamentenkosten für insgesamt 8 Zyklen IUI ohne vorherige hormonelle Stimulation, plus 3 Zyklen IUI mit hormoneller Stimulation, plus 3 Zyklen IVF/ICSI-Behandlung. Dies gilt allerdings nur für verheiratete Paare und nur bei Verwendung eigener Ei- und Samenzellen, sowie wenn beide Ehepartner mindestens 25 Jahre alt sind, die Frau höchstens 40 Jahre alt ist und der Mann höchstens 50 Jahre alt ist.

Bei privat versicherten in Deutschland sind die Voraussetzungen für die Kostenübernahme oder -beteiligung sehr unterschiedlich, hier sollte auf jeden Fall Rücksprache mit der Versicherung gehalten werden.

Österreich

Inseminationen (IUI-Behandlungen) werden in Österreich nicht von der Krankenkasse übernommen. Der sogenannte IVF-Fonds, übernimmt allerdings unter bestimmten Voraussetzungen 70% der Kosten für vier IVF- bzw. ICSI-Behandlungen je Schwangerschaft. Die wichtigsten Voraussetzungen für die Kostenübernahme sind:

  • Die Indikation für die Gründe der Unfruchtbarkeit muss gesichert sein und es muss einer der folgenden Gründe vorliegen:
    • Entweder bei der Frau: tubare Sterilität (beidseitig verschlossene, entfernte oder funktionsunfähige Eileiter), polyzystisches Ovarialsyndrom (PCO-Syndrom) oder Endometriose
    • Und/oder beim Mann: eingeschränkte Fertilität des Mannes
  • Die Frau darf das 40. Lebensjahr und der Mann das 50. Lebensjahr nicht überschritten haben
  • Österreichische oder EU-/EWR-Bürger oder Schweizer Staatsbürger, ansonsten unbefristete österreichische Aufenthaltstitel
  • Paar in Ehegemeinschaft oder eheähnlicher Lebensgemeinschaft (Notariatsakt notwendig)

Weitere Europäische Länder

Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht zur durchschnittlichen Kostenübernahme bei IUI- und IVF/ICSI-Behandlungen in der DACH-Region, sowie den bevölkerungsreichsten Ländern in Europa. Hierbei werden die genauen Kriterien der Kostenübernahme, die sich teilweise stark zwischen den Ländern unterscheiden, ausser Acht gelassen.

Quellen: Fertility Europe – European Atlas of Fertility Treatment Policies (2021), diverse nationale Quellen

Es fällt auf, dass die Kostenübernahme sehr unterschiedlich gehandhabt wird – hier 3 Hauptbeobachtungen:

  • Frankreich ist das grosszügigste Land hinsichtlich Kostenübernahme gefolgt von Spanien, Italien und Österreich bilden das Mittelfeld
  • In Grossbritannien wird die Kostenübernahme unterschiedlich nach Region gehandhabt, in manchen Teilen des Landes werden bis zu 3 Zyklen pro Schwangerschaft von der NHS übernommen, in anderen Teilen des Landes nur ein Zyklus
  • Die Schweiz bildet (von der fehlenden Kostenübernahme in Österreich für IUI abgesehen) das Schlusslicht der betrachteten Länder

Fazit

Die Schweiz gehört zu den Europäischen Ländern, in denen von Versicherungen der geringste Anteil von Kinderwunschbehandlungen übernommen wird.

Für die Abklärung der Ursachen eines unerfüllten Kinderwunsches, Hormonbehandlung der Frau und die Kosten einer intrauterinen Insemination (IUI) kommt für gewöhnlich die Grundversicherung auf, allerdings sollte dies idealerweise vor Beginn der Behandlung für den spezifischen Fall abgeklärt werden.

In der Schweiz gibt es aktuell nur eine Zusatzversicherung die die Kosten für IVF oder ICSI abdeckt. Diese sollte allerdings frühzeitig abgeschlossen werden, da sie mit einer Wartefrist von 24 Monaten verbunden ist. Aufgrund des Ausschluss von Vorerkrankungen ist die Zusatzversicherung für von einem unerfüllten Kinderwunsch Betroffene allerdings selten relevant.

Die Kosten der Kinderwunschbehandlung können in der Schweiz von der Steuer abgesetzt werden, allerdings unterscheidet sich die Situation zwischen den Kantonen und es ist zu Empfehlen, sich im Vorhinein eine Auskunft von der kantonalen Steuerbehörde einzuholen.

Letztes Update: 24. November 2022

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Dr. Anastasia Driva

Anastasia ist Gesundheitsökonomin und hat während ihrer Promotion zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Themen geforscht (z.B. zur Einführung des deutschen Krankenversicherungssystems, zur Auswirkung von Kinderbetreuung auf die Gesundheit). Sie hat in Nottingham, London und München studiert und ist in Athen aufgewachsen. Seit 2017 lebt Anastasia in der Schweiz und arbeitet im Versicherungssektor Seit 2022 bloggt sie im Bereich medizinischer Behandlung in unterschiedlichen Ländern aus Patientenperspektive.